
Elektroauto fahren
Ein Erfahrungsbericht
Als Geschäftsführer einer Industrie-Designagentur bin ich technikaffin.
Ich probiere gerne Neues aus und ich hänge nicht übermäßig an Tradiertem und Althergebrachtem.
Die besten Voraussetzungen für einen Early Adopter – einen, der nicht wartet, bis sich etwas etabliert hat, sondern einfach mal macht.
Die Entscheidung
Als nach einem Totalschaden vor viereinhalb Jahren mein praktischer Benzin-Van in die ewigen Jagdgründe Richtung Osten verkauft wurde, war sie plötzlich schneller da als vermutet: die Möglichkeit, ein neues Auto anzuschaffen.
Das Thema Elektromobilität stand schon lange zur Debatte. Kurzerhand wurden verschiedene Termine zur Probefahrt mit unterschiedlichen Elektrofahrzeugen vereinbart. Die Fahrten in den diversen Fahrzeugen (Renault ZOE, BMW i1, Nissan Leaf, Smart ED) waren wie eine Droge, von der ich fortan nicht mehr loskam. Kraft, Beschleunigung, Sound und intuitives Fahrgefühl berauschten von Anfang an. Neben diesen emotionalen Faktoren waren der Umweltgedanke (deshalb wurden auch ausschließlich kleine und sparsame Fahrzeuge getestet), die Praxistauglichkeit (ich pendle täglich 35km zur Arbeit und habe die Möglichkeit, das Fahrzeug zu Hause zu laden) und die Neugier die treibenden Kräfte, die die Anschaffung bestärkten.

Das Fahrzeug
Die Entscheidung fiel auf den Smart ED fortwo (Modell 451).
Der Grund: Wir pendeln die Strecke zu zweit und haben noch ein zweites Fahrzeug, das ggf. für Urlaubsfahrten oder den Materialtransport herhalten kann.
Für die Pendelstrecke reicht ein Zweisitzer aus. Ein Smart ist ohnehin das perfekte Fahrzeug für die Stadt. Er ist klein, wendig und sicher, bietet aber alles, was man von einem modernen Fahrzeug erwartet.
Ein weiterer Faktor war der Preis. Aus der getesteten Gruppe war es das Fahrzeug mit den bei weitem besten Leasingkonditionen. Für rund €200,-/Monat wurde der Smart mein täglicher Begleiter beim Start in das Elektromobilitätszeitalter.
Elektrisch Fahren ist ökonomisch und ökologisch.
Unsere Agentur befindet sich am Duisburger Innenhafen – mein Wohnort im Essener Süden.
Die Pendelstrecke führt über die A40 (ehemals Ruhrschnellweg).
In jedem Fall ist es voll: sei es auf der Autobahn oder in der Stadt bei der Parkplatzsuche.
In beiden Szenarien spielt das Elektrofahrzeug seine Stärken aus: Auf der Autobahn im stop-and-go-Verkehr verbraucht ein elektrisch betriebenes Fahrzeug extrem wenig Energie, da es bei jeder Verzögerung rekuperiert (die Batterie wird durch die Bremswirkung geladen), bei Stillstand wird so gut wie keine Energie verbraucht, da kein Motor läuft.
Man kann sich das vorstellen wie bei einem Akkuschrauber, der einfach nur dann seinen Akku entlädt, wenn auch der Schalter gedrückt wird.
In der Stadt verhält es sich ähnlich: viele Beschleunigungs- und Bremsphasen.
Dazu kommt ein immenser – aber spezifisch Duisburger Vorteil: Das Laden für Kunden und Kundinnen der Stadtwerke Duisburg ist zZt. kostenfrei und das Parken an den Ladesäulen während des Ladevorgangs ebenfalls.
Das hat aber zur Kaufentscheidung nicht beigetragen, da mir dies zum Anschaffungszeitpunkt nicht bekannt war. Es war sozusagen ein Umweltbonus (den es als Kaufprämie zu diesem Zeitpunkt noch nicht gab).
Das elektrisierende Fahrgefühl
Am besten beschreibe ich das Gefühl elektrisch zu fahren mit einem Erlebnis aus den ersten Wochen mit dem damals neuen Smart 451.
Eines Abends – nach einem Kinobesuch in der damals aktuellen Starwars-Episode – stieg ich in den Smart und fühlte mich wie im X-Wing Fighter. Der Sound, die Beschleunigung, das direkte Fahrgefühl, die intuitive Bedienung – alles passte.
So fuhr ich wie ein Kämpfer der Galaktischen Föderation durch die Stadt.
Es war erhebend. Und das ist es noch immer.
Wer es noch nie ausprobiert hat, wird es nicht verstehen.
Ich empfehle jedem V8-Sound-Junkie eine Probefahrt in einem dieser kleinen E-Fighter!

Reichweite
Anfangs war das Thema Reichweite immer präsent. Der Blick ging immer auf den Batteriestand, die bereits zurückgelegten Kilometer und die Prognose für die Reichweite.
Die Augen konnten sich quasi nicht davon lösen.
Zu groß war die unterschwellige Angst, eine Akkuladung könnte für die täglichen Wege nicht ausreichen.
Das legte sich aber mit den fast ausnahmslos positiven Erfahrungen sukzessive. In den letzten 4 ½ Jahren habe ich drei Situationen erlebt, in denen mir das Thema Reichweite oder Batterieladung einen Strich durch meine Pläne gemacht hat. Einmal wurde das Fahrzeug an der Ladesäule nicht geladen, da diese während des Ladevorgangs ausfiel. In den anderen Fällen war ich selbst Schuld, da ich vergessen hatte, das Fahrzeug anzuschließen, nachdem ich nicht direkt an eine Ladesäule fahren konnte, da diese erst einmal von einem anderen Fahrzeug belegt war.
Die Reichweite bei meinem ersten Modell (Smart 451) betrug gute 140km im Sommer und ca. 110km im Winter (auf Grund von Heizung und weniger effizienter Batterieentladung).
Das war für alle – wirklich alle täglichen Fahrten mehr als ausreichend.
Mein aktuelles Modell (Smart fortwo 453 EQ) hat gute 160km Sommerreichweite. Der benötigte Aktionsradius hier im Ruhrgebiet ist mit 50-60km natürlich überschaubar.
Hier leben aber auch ca. 15% der deutschen Bevölkerung – also eine große Zielgruppe für Elektromobilität.
Dass man immer häufiger ein überdimensioniertes SUV mit einer einzelnen Person neben sich aufragen sieht, wirkt in diesem Zusammenhang ungeheuer deplatziert. Ich bin mir sicher: Ein großer Teil der SUV-Käufer wäre nach einem Test ebenso begeistert von einem kleinen, modernen Stadtflitzer – und sei es „nur“ als Zweitwagen.
Das ist ohnehin die Realität: Die meisten Haushalte verfügen über mehr als ein Fahrzeug. Zweit- oder Drittwagen sollten daher als rein elektrische Fahrzeuge logistisch keine Probleme bereiten.

Das Problem mit den Ladesäulen
Ich fahre nun seit fast fünf Jahren ein kleines batterie-elektrisches Fahrzeug mit der für den Einsatzzweck angemessenen Batteriekapazität.
Ich bin begeistert und wünsche mir, dass dies noch viel mehr Menschen tun.
Doch da macht sich ein Widerspruch breit. Seit fünf Jahren ist in der Duisburger Innenstadt keine öffentliche Ladesäule dazugekommen. Es gibt in fußläufiger Entfernung zu unserer Agentur drei Ladesäulen mit je zwei Ladepunkten (22KW); und das ist schon seit fünf Jahren unverändert.
Ja – die Ladepunkte waren in den ersten Jahren nur mäßig frequentiert. Doch inzwischen ist es morgens ein Lotteriespiel, ob nicht bereits ein anderes Fahrzeug dort geladen wird. Und man kann auch nicht wissen, wann das Fahrzeug die Ladesäule wieder verlässt. Die wachsende Zahl an hochmotorisierten PlugIn-Hybriden verschärft das Problem zunehmend, da hier aus meiner Sicht das kostenlose Parken an der Ladesäule im Vordergrund steht.
Hier muss etwas passieren! Die Ladeinfrastruktur ist klar der Flaschenhals für die Elektromobilität. Private Ladepunkte sind das eine – das andere ist eine urbane Infrastruktur, die kurzfristig aufgebaut werden müsste.
Noch klappt das mit dem Laden, da mein neues Modell (Smart 453 EQ) einen 22KW-Boardlader eingebaut hat und ich damit in 15min genug Energie laden kann, um nach Hause zu fahren, sollte die Batterie mal ganz leer sein. Eine Ladung von 80% schafft er an einer 22KW Ladesäule in ca. 45min. Das gibt mir die Flexibilität, auch mit etwas widrigen Ladebedingungen fertig zu werden.
Fazit
Es macht Spaß, es fühlt sich gut an, es ist (wenn man ein kleines vernünftiges Fahrzeug wählt) ökologisch und ökonomisch.
Unsere Steuerberaterin kann die geringen Firmenleasingkosten mit allen Vergünstigungen bei jedem Abschluss gar nicht fassen.
Elektromobilität ist das eine, die Wahl des zum Einsatz passenden Autos das andere.
Die Kombination aller Aspekte ist wichtig: Wer den ÖPNV sinnvoll nutzen kann oder mit dem Fahrrad bzw. dem Elektrofahrrad zum Arbeitsplatz kommen kann, sollte das tun.
Wer aber seine Pendelstrecke mit dem PKW absolvieren will / muss, sollte mal ernsthaft darüber nachdenken, ob dieses Auto fünf Plätze, über 100PS, 500km Reichweite und ein Gewicht von über 1,5t haben muss. Wenn nein – dann ist ein kleiner Stromer sicher die richtige Option.